Gestern jährte sich der Todestag des früheren Fussball-Nationaltorhüters Robert Enke zum zehnten Mal. Der damalige Schlussmann von Hannover 96 nahm sich aufgrund von Depressionen das Leben. Twitteruserin @Hoellenaufsicht nahm dies nun zum Anlass, um von ihrem eigenen Umgang mit Depressionen und düsteren Gedanken zu erzählen.
1. Damals, vor zehn Jahren:
https://twitter.com/Hoellenaufsicht/status/1193142323204575237?s=20
2. Wenn nichts geht – und man weiß eigentlich nicht so richtig, warum:
Ich vermied soziale Kontakte oder nächtlichen Schlaf. Ich wusste, dass ich ADHS hatte und schob es darauf, dass ich einfach nicht aufräumen, nicht konsequent studieren, nicht schlafen oder mich Reizeinflüssen am Tag aussetzen konnte. Und das stimmte auch zum Teil.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
3. Ein Tag, der vieles ändern sollte.
Dann kam der 10. November 2009 und ich sah eine Meldung, dass Robert Enke gestorben sei. Mir schnürte es die Kehle zu. Hannover 96 ist mein Verein, seit ich 3 Jahre alt war, und Robert war einer dieser Spieler, die anders waren. Er hatte etwas zu sagen und er rettete Hunde.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
4. Und gleichzeitig ein Auslöser, sich mit dem Thema Depressionen genauer zu beschäftigen.
Das mit den Hunden hatten wir gemeinsam. Wie sich später herausstellen sollte, war es aber nicht nur das. Ich hatte mich mit dem Thema Depressionen nie intensiv befasst. Ich dachte, wer depressiv ist, ist einfach nur sehr traurig.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
5. Glücklicherweise folgte daraus der Impuls, professionelle Hilfe zu Rat zu ziehen.
Mit Roberts entsetzlichem Tod lernte ich, dass das nicht stimmt. Und mit Roberts Tod stellte sich der Verdacht ein, dass es vielleicht nicht nur das ADHS war, das mich lebensunfähig machte. Der Verdacht sollte sich später in der Medizinischen Hochschule Hannover bestätigen.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
6. Düstere Gedanken als ständiger Begleiter.
Ich hatte eine schwere depressive Episode, Depressionen gelten als häufigste komorbide Erkrankung beim ADHS. Es war nicht die letzte Episode. Und auch heute grüßt die Dunkelheit zuweilen noch kurz aus der ein oder anderen Ecke.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
7. Ganz stark!
Zum Glück kann ich mittlerweile ziemlich gut mit ihr umgehen und ich habe keine Angst mehr, offen über sie zu reden. Das liegt sicher auch daran, dass Roberts Geschichte am Ende auch nur eine von vielen schrecklichen war; sie war aber eine prominente.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
8. So wird Positives aus einem großen Unglück gezogen.
Wenn wir uns nun also fragen, ob sich mit seinem Tod etwas verändert hat, dann finde ich: Ja. Nicht im Umgang im Fußball miteinander. Aber Depressionen sind lange nicht mehr so stigmatisiert, nicht mehr nur ein „Jetzt reiß Dich mal zusammen.“ Und das ist gut.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
9. Keine Stigmatisierung mehr!
Denn wer krank ist, kann sich nicht auf Knopfdruck heilen. Man kann sich nicht zusammenreißen und versucht man es, wird es nur schlimmer. Das Verstecken, das Vortäuschen, das Vorgeben – das ist entsetzlich und es raubt Kräfte, die man ohnehin nicht hat.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
10. Die Gesellschaft entwickelt sich – auch dank solcher populärer Fälle – glücklicherweise weiter.
Ich könnte heute wohl im Job sagen, dass ich Depressionen hatte – und ich könnte sagen, wenn ich eine Episode hätte. Ich kann diesen Thread schreiben, ohne einen Shitstorm befürchten zu müssen. Daran hat Robert Enkes Erbe einen Anteil. Und dafür müssen wir Teresa Enke danken.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
11. Und die Quintessenz? Traut euch!
Ich glaube aber, dass es immer noch unzählige Menschen gibt, die sich nicht trauen oder die nicht wissen, was ihnen eigentlich fehlt. Ich kann jeden, dem es so geht, nur ermutigen: Traut Euch, sucht Euch Hilfe. Es gibt sie und – sie hilft.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
12. Hilfe zu suchen, ist keine Schwäche. Ganz im Gegenteil.
Alleine schafft man es nämlich nicht. Ich lebte die vergangenen 9 Jahre überwiegend gesund und fröhlich. Dass ich immer eine Tendenz zur Dunkelheit haben werde, weiß ich und ich weiß mittlerweile ziemlich gut mit ihr umzugehen. Weil ich mir Hilfe gesucht habe.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
13. Denn wir sind alle nur Menschen.
Ich weiß, dieser Thread ist lang. Aber wenn er vielleicht auch nur einer Person ein bisschen Hoffnung auf Besserung und einen Ausweg gibt, der es gerade richtig mies geht, dann war er es wert.
Zum Schluss: Seid gut zueinander. Am Ende sind wir alle nur Menschen mit Seelen.
— Pornographic Priestess (@Hoellenaufsicht) November 9, 2019
14. Der Thread sorgte für viel Zuspruch bei den Mitlesenden – und leidenden.
Das Gute daran ist, Depressionen sind heilbar. Und viele Leute sind erkrankt oder haben zumindest depressive Phasen. Es gibt auch keinerlei Anlass, jemanden geringer zu bewerten.
Offenheit ist wichtig. Menschlichkeit auch.— Earls Outskirt (@EarlsOutskirt) November 9, 2019
Ganz große Klasse, bei mir fing es 2009 an, der Tod von Robert hat mich tief erschüttert. Heute kann ich auch ganz gut damit leben, es wissen auch viele, auch im Job.
— Alltagimrettungs…. (@alltagimrettung) November 9, 2019
Vielen Dank. Als jemand, der nicht unter Depressionen leidet, hat mir insbesondere die öffentliche Auseinandersetzung geholfen, das Krankheitsbild und somit die Betroffenen in Ansätzen zu verstehen.
— L. (@mrnoktaj) November 9, 2019
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Danke an Pornographic Priestess für die emotionalen Worte! <3
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