Die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg hat in einem Twitter-Thread Einblicke in das Arbeitsleben von Politikern gegeben. Von „menschenfeindlichen Rahmenbedingungen“ ist die Rede. Denn im Plenarsaal herrscht zum Beispiel Trinkverbot.
1. In einem Thread klärt die Abgeordnete der Linken auf:
Es ist MdB #verboten, im Plenarsaal zu #trinken, nicht einmal Wasser ist erlaubt. Das "verletzt die Würde des Hauses" wurde mir erklärt, als ich Ahnungslose neu im #Bundestag war u einfach nur trinken wollte. Dehydrierung ist ungesund u behindert Denken u Konzentration. /2
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Donnerstage haben Tagesordnungen, die von 9 Uhr morgens ohne irgendeine Pause bis theoretisch 5 Uhr früh gehen. In der Praxis werden ab Mitternacht einige Reden zu Protokoll gegeben, so dass oft "schon" zwischen 2 u 3 Uhr Schluss ist. Niemand kann so lange zuhören. /3
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Das macht auch niemand, denn man muss essen, trinken, hat parallele Termine (zB Ausschussitzungen am Mittwoch Nachmittag), Presseinterviews, muss Reden schreiben für den nächsten Tag, u hier u da auch Dinge mit anderen MdB abstimmen. Und schlafen muss man auch. /4
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Weil es auch früh und abends viele zusätzliche Termine in Sitzungswochen gibt: zB aktive Teilnahme an Podiumsdiskussionen oder Veranstaltungen, bei denen man sich im Fachthema vernetzt u informiert o politische Positionen erklärt, sind fast alle Arbeitstage sehr lang. /5
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Ich kenne kaum Bundestagskollegen ohne chronischen Schlafmangel. Man zehrt an der Substanz. Dass man oft für seine Arbeit noch beschimpft wird, macht es nicht leichter. Ich habe ständig Probleme mit Gelenken u Schmerzen aber keine Zeit für Sport, den mir Ärzte empfehlen. /6
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Wenn ich abends bzw nachts in meiner Dienstwohnung in Berlin ankomme, ist nur noch Zeit zum Schlafen. Ich hab für nichts mehr Kraft. Aber direkt ins Bett will u kann ich nicht, also guck ich manchmal noch ein Stündchen Mediathek o hör Hörbuch u stricke zum Runterkommen. /7
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Diese Zeit geht aber von meiner Schlafzeit ab u ich weiss, am nächsten Tag wird mir diese Stunde Schlaf sehr fehlen. Aber von der Arbeit zur Tür rein kommen u ins Bett gehen, das kann ich nicht. In Sitzungswochen bin ich Mo-Fr in Berlin, sehe meine Familie überhaupt nicht. /8
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Der November hat 3 Sitzungswochen, 3 Wochen, in denen man auf dem Zahnfleisch kriecht u sein Zuhause vermisst u Freitag zwar ca 19 Uhr nachhause kommt, aber durch den Wolf gedreht ist u nur noch Ruhe will. Für Unternehmungen bin ich zu platt. Ich regeniere am WE (fast) nur. /9
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
In dieser Legislatur standen wir 2 Mal auf, um viel zu früh verstorbener Kollegen zu gedenken. Es gab Rückzüge wegen Burnout u eben Schwächeanfälle am Pult. Politik ist wirklich harte Arbeit u die Rahmenbedingungen sind unschön. Dringend muss sich strukturell etwas verändern./10
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
Wenn man gute Politik haben möchte, muss man auch gute Arbeitsbedingungen dafür schaffen. Politiker*innen sind schließlich Menschen mit Bedürfnissen, keine Roboter. Wo das Menschliche erhalten werden soll, darf es keine menschenfeindlichen Rahmenbedingen geben./11 (Ende)
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
2 Ehrliche Worte, die auch andere Politiker nachvollziehen können.
wir uns entscheiden: mal ne Debatte und n Termin weniger, dafür im Wahlkreis verankerte Abgeordnete mit normalem sozialen Umfeld, oder nur noch political animals ohne Familie, die auch die unwichtigste Debatte nachts um 3 führen. Für die #Demokratie wär manchmal weniger mehr 2/2
— Daniela Kolbe (@danielakolbe) November 7, 2019
3. Dafür gab es auch Lob aus der Community.
Danke für diesen Thread. Danke für ihre Arbeit. Das ist neben den Genesungswünsche für Herrn Hauer das einzige, was man zu seinem Schwächeanfall sagen sollte.
— MdB des Grauens (@MdBdesGrauens) November 7, 2019
4. Aber auch Verwirrung.
Wer sich seine Diaten selbst erhöhen kann, der kann doch sicherlich auch etwas an den Arbeitsbedingungen tun, oder? (Ernstgemeinte Frage)
— hennesschmitz (@hennesschmitz) November 7, 2019
Ist es nicht so, dass der Bundestag sich seine Geschäftsordnung selber gibt?
Wenn man nicht mal schafft sein eigenes Arbeitsumfeld menschwürdig zu gestalten, sollte man vielleicht erstmal davon absehen Regeln für andere machen zu wollen.
— Nils (@NilsKet) November 7, 2019
Das ist keine Kritik an Dir persönlich – ich habe große Hochachtung vor dem was Politiker leisten. Habe selber vor langer Zeit mal (auf niedriger Ebene) reingerochen und entschieden, dass mir das zu hart wäre.
Aber gerade die GO ist ja in euren eigenen Händen.
— Nils (@NilsKet) November 7, 2019
in meinen Händen ist da nichts.
— anke domscheit-berg (@anked) November 7, 2019
5 Denn das Ganze ist durchaus kompliziert.
Gelten den die Arbeitsschutzgesetze nicht für den Bundestag???😳
— Mibi (@MiBi2016) November 7, 2019
Nein, weil es keine Berufstätigkeit ist. Abgeordnete können ja auch keine Elternzeit nehmen.
— Dr. Anja K. Peters (@thesismum) November 7, 2019
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Danke an alle für die Postings! ❤️️
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