Hintergrundinfo in a nutshell: Nach dem Berliner Bankenskandal 2001 verkaufte Thilo Sarrazin die landeseigene Gesellschaft GSW an den Finanzsektor und somit wurden viele der Berliner Sozialbauten privatisiert. 2011 wurde außerdem ein Gesetz erlassen, nachdem Bindungen an Sozialbauten bei ihrem Verkauf entfallen. Neubauten werden zwar vom Staat subventioniert, aber auch hier entfallen alle Bindungungen bei Rückzahlung des Dahrlehens an den Staat, was bei dem niedrigen Zinssatz derzeit gerne schnell getan wird. Der Bund beteiligt sich mit 1,5 Milliarden am Wohnungsbau, das wird aber erst seit weniger als fünf Jahren nicht nur für die Tilgung von Haushaltsschulden verwendet.
Problem:
Bei dem niedrigen Berliner Gehalt bräuchte wohl jeder zweite Berliner eine Sozialwohnung.
Es ziehen massenhaft Menschen neu in die Stadt.
Zum einen steigert die Nachfrage die Mieten, zum anderen ist die Wohnungsnot politisch verursacht.
Erfahrungsbericht:
Seit Jahren werden Berliner aus ihren normalen Wohnungen oder den vom Staat gebauten, auch senioren- und behindertengerechten Räumen „geholt“ und an den Stadtrand verlegt.
Wie das im Detail abläuft beschreibt @claubauk aus nächster Nähe auf Twitter.
1. Diese Frau spricht jetzt klar aus, warum Immobilienfirmen aus ihrer Perspektive enteignet werden sollten.
https://twitter.com/clabauk/status/1116109200256581632
2. So „motiviert“ man Menschen zum Auszug.
Zuerst haben sie den kleinen Laden im Erdgeschoss rausgemobbt. Der Laden war für den ganzen Kiez ein super Anlaufpunkt (Pakete angenommen, Konsumbedarf alles da usw.). Bei dem Laden ging irgendwann die Stromversorgung kaputt. Es hat Wochen gedauert, bis das repariert war.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Kein Licht – kannste abends nix verkaufen – haste kein Geld für die Miete. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis der Laden aufgegeben hat. Der Ladenbesitzer hatte eine Wohnung im Haus, ein Stockwerk unter mir. Die hat er auch aufgegeben und ist an den Stadtrand gezogen.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
3. Akelius ist ein schwedischer Immobilienkonzern, der mit der gleichen Strategie zum Beispiel auch in Kanada Häuser aufkauft, sie saniert und doppelt so teuer weitervermietet.
Das ganze Haus wurde im letzten Winter damit schikaniert, dass immer wieder die Heizung ausfiel. Sie wurde nach Anruf meist zwei Tage später wieder in Betrieb gesetzt. Das führte dazu, dass wir praktisch jede Woche wenigstens eine oder zwei eisige Nächte hatten.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Für #Akelius war das prima. Die Mieter waren zunehmend genervt, einer nahm das zum Anlass, um auszuziehen, und erstmal ließ sich kaum etwas dagegen tun, weil die Heizung ja jedesmal nach zwei Tagen wieder funktionierte.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Erst seit einige Mieter – wir haben uns inzwischen zusammengeschlossen – angekündigt haben, dass wir diese Ausfälle ab sofort als ein und denselben Mangel betrachten, funktioniert die Heizung wieder tadellos. Aber darauf mussten wir erstmal kommen. Das war schon ziemlich perfide.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
4. Dagegen stellt stellt sich unter anderen das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co Enteignen. Es basiert auf Artikel 15 in deutschem Grundgesetz, nach welchem dies möglich ist.
Die Wohnungen im Haus wurden vor zehn Jahren komplett saniert und sind in den meisten Fällen immer noch ziemlich gut in Schuss. Trotzdem macht #Akelius bei jeder Wohnung, die frei wird, eine Komplettsanierung. So auch in der Wohnung unter uns. Ohne Ankündigung.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Als erstes haben sie alles, alles rausgerissen, auch die Wände! Unglaublicher Lärm und Staub im gesamten Treppenhaus. Wochenlang. Insgesamt hat diese Luxusmodernisierung sechs Monate gedauert. Sechs Monate immer wieder Lärm und Staub. Teilweise sehr aggressive Handwerker.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Einer kam morgens um sechs Uhr und bat darum, kein Wasser zu benutzen (Küche, Dusche, Klo). Wir waren zufälliger Weise schon wach und im Aufbruch, wollten vor einer Abreise noch Klo und Dusche benutzen und baten um eine Stunde Verschiebung. Die Antwort, extrem aggressiv, war:
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
"Dann stellen wir halt jetzt dem gesamten Haus das Wasser ab."
Irgendwann waren die Bauarbeiten abgeschlossen und die Wohnunge wurde vermietet. Sie kostet jetzt 20 Euro/qm oder etwa 1200,- Euro kalt. Das ist in etwa doppelt so viel wie vorher, also ein Aufschlag von 100 Prozent.— Clara (@clabauk) April 10, 2019
5. Clara erklärt auch, warum die Mietpreisbremse nicht greift:
Genauso gings inzwischen mit drei weiteren Wohnungen. Ewig renoviert, dann mit einem Aufschlag von etwa 100 Prozent neu vermietet. Eigentlich sollte hier die Mietpreisbremse greifen. Deshalb gehen wir als Hausgemeinschaft immer zu den neuen Mietern und erklären ihnen das.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Weil Mietpreisbremse heißt: die Mieter müssen das Verfahren in Gang setzen. Leider hat das bis jetzt keiner gemacht! Manche haben Angst, dass sie dann Ärger kriegen mit dem Vermieter, andere haben vielleicht einfach genug Geld und können sich das leisten. Es gibt nur ein Problem:
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
6. Das Problem für die anderen Mieter/innen:
Von mir aus kann ja jede und jeder zahlen was sie will. Aber leider fließen diese neuen Mieten auch in den neuen Mietspiegel ein. Und wenn ich auf unser Haus schaue, sehe ich, dass demnächst ein Fünftel aller Wohnungen neu vermietet sind.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Damit erfüllt der Mietspiegel seine eigentliche Funktion, nämlich die Mietsteigerungen im Rahmen zu halten, bald nicht mehr. Meine Miete ist schon an der oberen Grenze des Mietspiegels. Und deshalb betrifft mich dieser ganze Mist mit Wohnungsaufwertung und Mieterhöhung direkt.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
Ich hab nicht viel Geld, aber genug. Aber wenn die Miete weiter so steigt, dann ist in ein paar Jahren meine Miete so hoch, dass ich mir die Wohnung nicht mehr leisten kann. In meiner Umgebung finde ich nichts neues, #Akelius und #DeutscheWohnen kaufen dort alles auf.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
7. Und bis neue Wohnungen fertig sind ist das Leben fast vorbei. (#BER)
Viele sagen gerade: Es muss neu gebaut werden. Aber das wird mir nichts nützen. Erstens will ich nicht an den Stadtrand ziehen, und zweitens dauert es zu lange, bis diese neuen Wohnungen fertig sind.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
8. So sieht Clara in Enteignungen die einzige Chance für die Berliner Bevölkerung.
Die Leute werden jetzt aus ihren Wohnungen und aus ihren Kiezen gedrängt, von börsennotierten Immobilienkonzernen, denen ihre Mieter und die Stadt scheißegal sind. #Enteignung ist das richtige Mittel, um diese Entwicklung zu stoppen. Deshalb unterstütze ich #dwenteignen.
— Clara (@clabauk) April 10, 2019
9. Diese Geschichte haben auch viele andere erlebt.
Allein in meinem Freundeskreis gibts aktuell Drei solcher Fälle. Man muss mit hohem Aufwand Dokumentieren, mit Anwälten reden und Prozesse führen, nur um die gesetzlichen Mindeststandarts nicht völlig aufgeben zu müssen. #dwenteignen
— ricovaltin (@ricovaltin) April 11, 2019
(Sorry for reply in English but my German is still terrible)
My first flat in Berlin was rented via Akelius, in Moabit. Most neighbours were nice old ladies. Rent was reasonable. 1 year after I moved in I get a letter. They wanted to do a full building renovation.
— Tiago 😾 (@trodrigues) April 11, 2019
Ich muss nur #Akelius lesen, dann weiß ich schon was folgt. War in meinem ehemaligen Haus genau so. Ehemalige Sozialwohnungen saniert und mit Wucher vermietet. Viele Menschen mit Bedarf konnten sich das nicht leisten. #Akelius sind schlimm
— Martin H (@M1ghty0) April 11, 2019
Ein Grund, warum meine Mitbewohnerin und ich unsere schöne Wohnung in Spandau aufgegeben haben. Sie hatte dauerhaft ein maximal lauwarmes Zimmer auf höchster Stufe im Winter. Angeblich gab es kein Problem mit der Heizung. Nebenkostennachzahlung 2017 von 500. Warum?…
— Tunerani @LBM🙌 (@Tunerani) April 11, 2019
Als ich Berlin verließ, hieß es erst, klar, suchen Sie einen Nachmieter! Dann plötzlich: „Doch nicht, wir renovieren! Eine Badewanne kommt rein (in ein 1m breites Schlauchbad) und ein Balkon davor (bei nur einer Wohnung im 3. OG?!).“ Alles für die Mieterhöhung.
— Dr. Mariella (@kulturmfalke) April 11, 2019
In unserem Haus das gleiche Spiel. Wir haben seit einem Jahr Modernisierungsterror. Die #Akelius hat es geschafft, das schon die Hälfte der ehemaligen Mieter ausgezogen sind.
— Jürgen Bilstein (@no_pixel) April 12, 2019
Ich habe gestern mit einem Mann telefoniert, der am HB arbeitet, sich wegen der beschissenen Löhne, kein Auto leisten kann, um 6:00 anfangen muss aber die erste ÖPNV Verbindung ist erst um 6:30 am HB. Die Leute wollen nicht in der Innenstadt wohnen, die müssen.
— (((HyacinthBucket))) (@YvesAdams) April 13, 2019
10. Zur Effektivität der Mietpreisbremse hat dieser Twitterer noch etwas hinzuzufügen.
Nur um auch mal einen zweiten Aspekt der Mietpreisbremse anzuführen: Meine Eltern vermieten in einem sehr kleinen Städtchen. Zwei Doppelhaushälften mit 120 qm (nicht dazugezählt sind Treppe/Flur, Keller und Garten). Bisher haben sie nur einmal bei der Umstellung von DM auf Euro
— minni.me (@EinName8) April 12, 2019
Die Miete geringfügig angepasst. D.h. aktuell kostet das Haus 650€ warm!!! Nachdem eine neue Heizung rein muss und bald die ersten Instandhaltungen anfallen (neu streichen etc.), haben meine Eltern endlich eingesehen, dass sie die Miete evtl erhöhen müssen.
Nun unser Problem:— minni.me (@EinName8) April 12, 2019
Der Mieter weigert sich die Mieterhöhung zu unterschreiben. Das ganze wird jetzt vor Gericht gehen. Wir wollten einen Gutachter beauftragen um das zu vermeiden, aber keiner wollte ein Gutachten erstellen, da keine Vergleichsmieten möglich sind. (Kleinstadt. Niemand vermietet ein
— minni.me (@EinName8) April 12, 2019
vergleichbares Objekt…
— minni.me (@EinName8) April 12, 2019
)
Heißt: Wo die Mietpreisbremse notwendig ist, finden Großkonzerne einen Weg diese zu umgehen. Und in ländlicheren Regionen, in denen es oft einfach keine Vergleichsobjekte gibt, bereitet sie nur Probleme. (Nicht nur als Vermieter. Auch das Gericht wird damit Probleme haben!)— minni.me (@EinName8) April 12, 2019
11. Übrigens geben natürlich nicht alle auf… 5 Jahre ohne Heizung? Pah!
Ich habe ebenfalls lange in einer Wohnung der #Akelius gewohnt und hatte tatsächlich immer ein Problem mit meiner Kombi-Therme. Wenn die ausgefallen ist, gabs weder Heizung noch Warmwasser, also Mietminderung gemacht. Hat 5 Jahre gedauert, bis die Therme getauscht wurde…
— AKWre (@AKWre) April 11, 2019
12. Schade, dass das so sein muss.
Danke. Stark bleiben.
— notyourmaninaBox (@notyourmanina) April 11, 2019
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