Wie weit ist Rechtsextremismus in der deutschen Polizei verbreitet? Viele Konservative Politiker sprechen immer wieder von Einzelfällen, nur leider häufen sich diese vermeintlichen Einzelfälle immer mehr: Racial Profiling, fragwürdige Kalender mit rassistischen Witzen, der Skandal um den NSU 2.0 in der hessischen Polizei und jetzt sind in Nordrhein-Westfalen 29 Polizisten aufgeflogen, die in verschiedenen Chatgruppen rechte Inhalte teilten.
Die schwarzen Schafe mögen eine Minderheit sein, dennoch leidet das Image der gesamten Polizei. Dass aber offensichtlich ein Problem vorliegt, über das gesprochen und das aufgearbeitet werden muss, zeigen die folgenden Twitter-Beiträge, in denen die User ihre persönlichen Einblicke bezüglich Rassismus und rechter Gesinnung bei der Polizei schildern.
Dieser Journalist berichtet, wie lokale Behörden das Thema lieber totschweigen wollen.
https://twitter.com/d_pesch/status/1306173474570997760
Ich habe keine Rückmeldungen bekommen, nicht mal von den Grünen, die Opposition waren. Zu rassistischer Polizeigewalt wollte niemand was sagen. Oft hatte ich Kontakt mit dem Essener Antirassismus-Telefon. Dort wurden Opfer rassistischer Polizeigewalt betreut. #polizeiproblem
— Dennis Pesch (@d_pesch) September 16, 2020
Von den 29 Beschuldigten im aktuellen NRW-Skandal entfallen 25 auf das Polizeipräsidium Essen.
Das Antirassismus-Telefon hatte zuletzt oft gesagt, dass es wahrscheinlich ist, dass es in der Polizei Essen eine Form von rassistischer Organisierung gibt. Besonders die vehemente Abwehr der Vorwürfe durch die gesamte Stadtpolitik hat aufhorchen lassen. #polizeiproblem
— Dennis Pesch (@d_pesch) September 16, 2020
Dass sich nun bestätigt, dass innerhalb der Essener Polizeidirektion, die Mülheim an der Ruhr umfasst, eine extrem rechte Chatgruppe gab, überrascht nicht. Zudem wurden Opfer von rassistischer Polizeigewalt von Beamten als „Clans“ stigmatisiert. #polizeiproblem
— Dennis Pesch (@d_pesch) September 16, 2020
Das diese Gruppe aufgeflogen ist, besonders im Zuge der Ermittlungen, dass ein Beamter Informationen bezüglich der „Clan“-Kriminalität an Journalisten weiter gegeben haben soll, rundet das Gesamtbild ab, dass sich seit Monaten abgezeichnet hat. #Polizeiproblem
— Dennis Pesch (@d_pesch) September 16, 2020
Eine Zeit-Reporterin berichtet von einen Anti-Rassismus-Training bei der hessischen Polizei.
die Teilnahme war für die Beamten freiwillig. Die, die dort waren, meinten: Die Kolleg:innen, die es wirklich nötig hätten, seien nicht da.
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
Dabei ist bekannt, dass es rechte Polizisten gibt. An diese richtet sich das Training nämlich gar nicht.
Der (externe) Workshopleiter sagte mir dann etwas, das ich sehr einleuchtend fand: die seien auch nicht das Ziel. Man könne nie verhindern, dass sich Einzelne radikalisierten, aber es dürfe kein Umfeld geben, das sie mächtig werden lässt. Sondern Kolleg:innen, die einschreiten.
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
Das Training sollte also ein wokes Umfeld schaffen, in dem rassistische und andere diskriminierende Aktionen einzelner Polizist:innen erkannt und nicht toleriert werden.
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
In NRW gabe es offensichtlich niemanden, der bereit war, das rechte Treiben zu melden.
In #Mülheim in NRW sind nun 29 Beamte einer Dienstgruppe suspendiert worden, weil sie rechtsextreme Chatnachrichten schrieben. Bzw eben laut @derspiegel nur elf von ihnen schrieben, „Die übrigen Beamten haben die Nachrichten offenbar passiv empfangen, aber nicht angezeigt.“
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
Da kriegen also 18 Beamte regelmäßig Bilder geschickt, auf denen u.a. offenbar ein Flüchtling in einer Gaskammer abgebildet ist. Und keiner von ihnen meldet es oder schreitet ein. Alle tun gemeinsam weiter Dienst. Laut Spon war auch der Dienstgruppenleiter im Chat.
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
Ich weiß nicht, ob es bei der Polizei NRW Antirassismustrainings gibt, aber in Mülheim wären sie wohl nötig gewesen. Nicht für die Beamten, die sich so weit von ihrem Diensteid entfernt haben, dass sie menschenverachtende Bilder schicken, sondern für die, die das hinnehmen.
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
Wie einer der Polizisten beim Antirassismustraining in Hessen sagte:
Wer auf Missstände hinweist, riskiert seinen Arsch.
— Frida Thurm (@fridathurm) September 16, 2020
Und wie dieser User zu berichten weiß, waren Polizei und Bundeswehr schon immer attraktiv für rechte Jugendliche.
Übrigens: da, wo ich aufwuchs, das war kein Ort wie Essen. Das war eine Stadt, eine Region mit einer Hegemonie einer rechten Jugendkultur. In Ostdeutschland.
— Dr. Wu (@Dok_Wu) September 16, 2020
Ich bin übrigens später – (viele meiner Follower*innen werden entsetzt sein) – selbst bei der Bundeswehr im Grundwehrdienst gewesen. Was ich da an und mit Nazis erlebt habe, könnte ein ganzes Buch füllen. Am schlimmsten war einfach diese rechte Normalität, Normativität dort.
— Dr. Wu (@Dok_Wu) September 16, 2020
Andere machten ähnliche Erfahrungen.
Da wo ich herkomme auch, Berufsziel immer polizei oder Bund. Wir haben in der Schule schon darauf aufmerksam gemacht, es hat niemanden interessiert, egal ob Schulhof-CDs, Nazikonzerte oder Einschusslöcher an Ortsschildern mit dazugehörigen Morddrohungen.
— Thorbjörn (@Thorbjoernheise) September 16, 2020
Mein Bruder (46) war ca. 1990 bei der Bundeswehr in Sachsen Anhalt. Er erzählte mir, dass der Offizier sein Büro voll mit Hakenkreuzflaggen und „Souvenirs“ hatte. Hat keinen gestört, ganz normal 🤷🏾♀️
— Sabrina (@SaCaMa1991) September 16, 2020
War bei mir damals vor Ort nicht anders. Der überwiegende Teil von Rechten Torfnasen ging zur Bundeswehr, der Rest zur Polizei und alle wurden mit Handkuss aufgenommen.
— Living Code (@LivingCode2) September 17, 2020
Das sind natürlich nur ein paar von zahlreichen Beispielen, die zeigen, dass rechte Tendenzen in der Polizei thematisiert werden müssen. Da mag es für den Diskurs nur bedingt förderlich sein, dass sich die Deutsche Polizeigewerkschaft Thüringen stattdessen derart leicht aus der Reserve locken lässt.
Der Tweet der DPolG stieß auf breites Unverständnis.
Ist das der Social-Media-Prakikant mausgerutscht?
Missverständlich ausgedrückt, ganz anders gemeint?
Funfact: die DPolG ist ein Verein, nicht „die Polizei“ – wie wollt ihr euch verteidigen? Klagen? Wütende Tweets schreiben?— 🐼 Pan(da)dora 🏡 ᵗᵒˢˢ ᵃ ᶜᵒⁱⁿ ᵗᵒ ʸᵒᵘʳ ʷⁱᵗᶜʰᵉʳ 🐺 (@Dora_Xplorer_) September 17, 2020
Die dummen Kommentare von irgendeinem vermeintlichen „Antifa“-Account bei Twitter sind derzeit echt nicht das größte Problem. Beschwert euch bei Twitter, lasst den Mist löschen – und dann kümmert euch darum, dass Schluss ist mit rechten Chatgruppen und illegalen Datenabfragen.
— Christian Reinboth (@reinboth) September 17, 2020
Am Tag, an dem erneut ein rechtsextremes Netzwerk in der Polizei ausgehoben wird, eine solche Drohung. Wow. Die Kommunikationsabteilung braucht dringend eine Schulung.
— thore (@justthore) September 17, 2020
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Vielen Dank an alle für die Posts.
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