Als ob der normale Berufsalltag und die Corona-Situation mit all den Demonstrationen nicht schon anstrengend genug wären, hatte die Polizei dieses Jahr zudem noch mit sich selbst zu kämpfen. Racial Profiling und Polizeigewalt, rechte Netzwerke, die auf internen Computern Daten von Prominenten abfragen, rechte Chatgruppen und ein Innenminister, der sich gegen eine unabhängige Rassismus-Studie stellt und damit nur bedingt zur Vertrauensbildung beiträgt. Oliver von Dobrowolski – Polizeibeamter, Grünen-Politiker und Bundesvorsitzender der Berufsvereinigung PolizeiGrün – hat nun auf Twitter einen weiteren absurden Fall öffentlich gemacht, der zu denken gibt
So wurde ein Dozent der Bundespolizeiakademie offiziell angeschwärzt, weil er privat vermeintlich „linke“ Inhalte retweetet habe.
Ein Tweet einer Linken-Politikerin bezieht sich darauf, wie die Existenz rechter Netzwerke aufgedeckt wird, der anderer stammt von Sea-Watch, einem Verein, der Flüchtlinge in Seenot rettet, und zitiert die Tagesschau.
Weil er – privat! – auf Twitter Retweets (!) einer MdB, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, sowie einer Seerettungs-NGO gepostet hat (mit Bild der Tagesschau).
Er hätte damit den Bundesinnenminister "verunglimpft".Das ist einfach so unerträglich und unfassbar…
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— Oliver von Dobrowolski (@vonDobrowolski) December 9, 2020
Während man sich also Polizisten wünschen würde, die trotz Korpsgeist den Mut aufbringen würden, rechte Tendenzen anzuprangern, wird das durch solch ein Verhalten ad absurdum geführt.
Eigentlich muss man sich kaum wundern, in welche Richtung die Sicherheitsbehörden weggaloppieren.@m_lemke genießt meine volle Solidarität.
Wir brauchen mehr von seiner Sorte, vor allem in der Grundrechtsausbildung bei der Polizei.Quelle: https://t.co/q0pX8z9A2F
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— Oliver von Dobrowolski (@vonDobrowolski) December 9, 2020
Auch die Bundestagsabgeordnete Martina Renner, die vom Dozenten retweetet wurde, äußerte sich
Das ist ein unsäglicher Vorgang, der scharf kritisiert werden muss. Auf der anderen Seite ist der Vorgang doch nur erneuter Beweis dafür, wie weit rechts Angehörige der Sicherheitsbehörden mittlerweile stehen. #Polizeiproblem
— Martina Renner (@MartinaRenner) December 10, 2020
Wir können dem Dozenten für seine demokratische, humanistische und antifaschistische Haltung dankbar sein. Als Konsequenz sollten die Polizist*innen, die diesen unsäglichen Brandbrief verfasst haben, sowie ihr Umfeld, einmal genauer unter die Lupe genommen werden.
— Martina Renner (@MartinaRenner) December 10, 2020
Was ist verkehrt daran, rechte Netzwerke aufzudecken oder Menschen in Seenot zu retten? Und auch als Polizist darf man Vorgesetzte kritisieren.
Abgesehen von der Meinungsfreiheit, die dem Dozenten selbstverständlich zusteht, gibt es keinen offensichtlichen Grund, weshalb die Tweets gemeldet werden. Diejenigen die die Tweets gemeldet haben, sollten mal dringend unser Grundgesetz studieren.
— Koray Özbagci (@arifkoray) December 10, 2020
Das scheint ein weiteres Indiz dafür zu sein, dass die Theorie von den Einzelfällen komplett falsch ist und stattdessen ein umfassendes strukturelles Polizeiproblem besteht. Man bräuchte eine Studie, oh, wait…
Danke für Ihre Arbeit, @vonDobrowolski .
— Frau Rakete (@PhRakete) December 9, 2020
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Vielen Dank an alle für die Posts.
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